Saigon - Unsere letzte Reisestation


Mittendrin.
Unsere letzten drei Tage verbrachten wir in Saigon. Alles, was wir von Hanoi her kannten, zeigt sich in Saigon in einer noch größeren Dimension: Alles ist höher, lauter, quirliger und verrückter. Obwohl wir nach fast drei Wochen Vietnam schon zu Profis im Strassenüberqueren geworden waren - in Ho Chin Minh City bekamen wir wieder richtig Respekt davor.

Es gibt so viel zu sehen, dass man Prioritäten setzen muss. Wir haben uns ein paar Highlights rausgepickt. Uns war es aber vor allem wichtig, sich einfach mal treiben zu lassen - mal hierhin, mal dorthin, das eine Mal nach links, das andere Mal nach rechts. So kann man auch unerwartete Dinge entdecken und erleben; die Stadt fühlen und auf sich wirken lassen. Es entstehen Freiräume und Leerlauf. Sie machen Zufälle, Überraschungen und Begegnungen überhaupt erst möglich, die am Ende zum Kitt der Reise werden. Hetzt man von einer Sehenswürdigkeit zur anderen, hat man die Stadt nicht wirklich kennen und spüren gelernt. 



... was vom Kriege übrig blieb
Kriegschrott oder...
Auf unserem Plan stand unter anderem auch das War Remnants Museum. In diesem Kriegsreliktemuseum, zeigen mehrere Tonnen Stahl, was vom Kriege übrig blieb. Ins Gedächtnis brennen sich auch Hunderte der dort ausgestelletn Fotos ein: von Agent Orange Opfern, von den vielen anderen Greueltaten, von den zerstörten Landstrichen. Vieles ist natürlich Propaganda. Klar. Wenn man aber vor dieser Kulisse die in ihrer Authetizität zurecht gestutzen Vietnamkriegsfilme aus Hollywood Revue passieren lässt, dann weiß man, dass die Wahrheit über den Vietnamkrieg irgendwo in der Mitte dieser beiden Propagandamaschinerien liegt. Auch dieser Museumsbesuch ist nichts für schwache Nerven.

Starke Nerven braucht man auch auf den vielen Märkten (z.B. Ban Thien) - allerdings aus weitaus netteren Gründen. Auf dem Ban Thien Markt buhlen Hunderte von Händlern um die Aufmerksamkeit der Touristen - und damit auch um deren Reisekasse. Hier werden einem gefälschte Uhren ins Blickfeld, dort gebrannte Nüsse unter die Nase gehalten. Hier wird man am T-Shirt gezogen, dort an der Hand - jeder will seine Ware an den Mann und die Frau bringen. Schön, aber auch ein wenig anstrengend!
Kathedrale Notre Dame

Zum Ausgleich emfehlen wir einen Spaziergang, der an der Notre-Dame-Kathedrale
beginnt und über die von den Franzosen angelegte Prachtstrasse Dong Khoi, vorbei an den für eine sozialistische Republik untypischen Luxuskaufhäusern, bis hin zum Ufer des Flusses Saigon führt. Mit kleinen Abstechern zum Alten Rathaus und zur Oper. Besonders angetan waren wir vom im Jahr 1891 eröffneten Hauptpostamt, das uns in die Zeit der Reisen in 80 Tagen um die Welt versetzt.


Hoch hinaus

Einen tollen Blick über die Stadt hat man von Bitexco Financial Tower - ein Hochhaus, das die Vietnamesen stolz macht und die Touristen ärmer: Für den Zugang zum Skydeck haben wir den teuersten Eintritt im ganzen Land bezahlt - fast 10 Euro hat der Trip in die 49. Etage gekostet.

Blick vom Skydeck in der 49. Etage

Am Fluss Saigon

Das Alte Rathaus


Pause am Saigon
Außerdem sollte man unbedingt einen Halb-Tages-Ausflug zu den Cu Chi Tunnels machen, wo sich jahrelang die Vietcongs unterirdisch versteckt hielten. Nach dem Besuch im War Remnants Museum hätten wir beinahe diesen Ausflug gecancellt. Irgendwie reicht das schon mit dem Krieg, haben wir uns

Dieser Panzer hat aufgegeben
ursprünglich gedacht, es dann aber doch durchgezogen. Am Ende haben wir es nicht bereut. Man erlebt in Cu Chi, wie die Vietcongs in den Tunneln gelebt, geschlafen, gegessen und - ja, sogar wie sie geatmet haben. Dort, mitten im Dschungel (der wegen der Zerstörungen im Krieg wieder aufgeforstet werden musste) wurde uns klar, dass die Waffen der Vietcongs um so viel primitiver als die der Amerikaner waren, aber um so wirkungsvoller: Während letztere Panzer, B52-Bomber und Entlaubungsmittel hatten, kämpften erstere mit Bambusfallen und mit dem Dschungel und der Hitze auf ihrer Seite. 

Einer der Originaleingänge zum Tunnelsystem
Am Abend werden die Straßen rund um Bui Vien zu einer Partyzone. Die vielen kleinen Lädchen und Straßenküchen stellen winzige, uns bereits gut vertraute Mini-Plastikstühlen draussen auf. Zuerst auf dem Gehsteig, dann kommt eine Reihe nach der anderen dazu. Solange, bis die Leute in der ersten Reihe auf der Strasse sitzen und gerade noch ein Auto durch die Menschenmenge passt. Dann sitzt man Seite an Seite mit Touristen aus der ganzen Welt, mit Menschen, die in Saigon zu Hause sind und diese Stadt ihre eigene nennen. Man beobachtet das Chaos, atmet die Abagse der vorbeifahrenden Mopeds ein (was sich in dieser Sitzhöhe fast nicht vermeiden lässt), trinkt bei tropischen Temperaturen sein kühles Saigon-Bier und stellt fest, dass man mit sich und der Welt absolut zufrieden ist.

Und diese Erkenntnis ist nicht die schlechteste am Ende eines Urlaubs. Den Abschied von diesem Land macht sie jedoch nicht unbedingt leichter.

Partyzone Bui Vien

Nachtspaziergang
Tipps:


  • Übernachten: Am besten im Quarter 1, wo man mitten drin ist im Backpacker-Viertel und mitten im Leben. Die Sehenswürdikeiten sind von hier aus gut zu erreichen. Wer Nachtruhe braucht, sollte sich auf jeden Fall für ein Hotel in den Seitengassen entscheiden, z.B. für das Kim Hotel I, das wir sehr gerne weiter empfehlen:

  • Lecker Ecke: Dort, wo sich Bui Vien und Hem 40 kreuzen, sind die Baguettes besonders gut. Unbedingt im Eckcafé frühstücken. Schmeckt wie in Paris! Auch sehr gemütlich und lecker: Der Mexikaner gegenüber. Tagsüber werden die Gäste mit einem kühlen Wassernebel besprüht. Sehr cool!
  • Vorsicht Taschendiebe: Ob andere Touristen, die Leute im Hotel oder der Reiseführer - jeder warnt vor ihnen. In den ersten Stunden auf den Straßen Saigons, bereitet man sich schon fast darauf, gleich überfallen zu werden. Das legt sich aber mit der Zeit. Touristen sollten aufpassen und wachsam sein, aber Angst haben, braucht man nicht. 
In diesem Hotel schrieb Graham Greene einst den "Stillen Amerikaner"
























Keine Kommentare: